Montag, 31. August 2009

Geliefert wie bestellt

Den härtesten Berglauf Europas wollte ich haben, und den habe ich auch bekommen.
10 unterschiedliche Berg- und Passüberquerungen habe ich in Frankreich, Italien und der Schweiz bewältigt, nun darf ich mich mit dem Titel UTMB-Finisher schmücken. Zeit? Ja, der Vollstänigkeit halber 38 Stunden und 25 Minuten, Platz 455, aber das interessiert hier eigentlich niemanden.

Montag, 24. August 2009

Der Berg ruft

Die Vorbereitung ist mehr oder weniger planmäßig durchgezogen. Nun soll es klappen.
Der unumstritten schwerste Berglauf Europas, der Ultratrail du Mont Blanc mit 165 km Länge und 9.500 HM.

Wer ihn noch nicht kennt, dem sei ein virtueller Rundgang empfohlen auf
http://ultratrail.thenorthface.com/en/virtual_trail/

Am Freitag, dem 28.08.09 geht's um 18:30 los. Ab ca. 20:30 Uhr komme ich an der ersten Zwischenzeitnahme an.
Dann kann diese und alle folgenden Zwischenzeiten unter
http://www.ultratrailmb.com/live2009.php?course=utmb&fichier=coureurs.php
abgerufen werden. Wenn nicht, einfach mal auf http://www.ultratrailmb.com/ ein wenig suchen, sollte nicht so schwer zufinden sein.
Meine Nummer ist die 2987.

Also:
Mitfiebern und Daumendrücken

Es sei hier noch erwähnt, dass ich keinerlei Abitionen bezüglich Zeit und Platzierung habe.
Ankommen ist alles.

Montag, 17. August 2009

Wandern als Extrem-Sport

Letzte lange Belastung vor dem UTMB, was kann man da nehmen? Gegen 12 oder 24 Stunden-Läufe habe ich mein gepflegtes (Vor-?)Urteil, mach ich nicht. Gruppenlauf "Rund um Köln" mit bekennenden "Ultra-Schnecken"? Da bin ich zu ungeduldig; Muss ich mir auch nicht antun.
Alternative "Fremdgehen": Der Dodentocht (zu deutsch: Todesmarsch) ist für Langstrecken-Wanderer das, was für Ultraläufer Biel ist: DIE Kultveranstaltung, bei der man einfach einmal dabei gewesen sein muss.
Die belgische Ortschaft Bornem hat selber kaum mehr als 10.000 Einwohner, heißt jedoch Mitte August ebenso viele Wanderer wilkommen. Laufen ist erlaubt, es gibt jedoch zwei Zeitlimits: Schneller als 10 km/h darf man nicht laufen, sonst haben die Versorgungsposten noch nicht geöffnet. Das andere liegt bei 24 Stunden für die Gesamtstrecke. Ich habe nicht vor auch nur einen Schritt zu laufen. Trainingsziel ist 16- bis 18 Stunden meinen dicken Camel-Bag durch die Gegend zu schleppen, ohne rot zu werden.
Der Markplatz von Bornem kann vielleicht 1.000 Läufer aufnehmen, wer von dort starten möchte, sollte sich wohl 2 Stunden vor dem Start diesen Platz sichern. Als ich komme, ist hier schon nichts mehr zu machen. Runde sieben Minuten vergehen nach den Startschuß um 21:00 bis ich über die erste Matte komme.
Ich will einen strammen Schritt anschlagen, meine Berechnungen laufen auf 10 bis 11 Minuten per Kilometer, auf den GPS-Tacho habe ich aber verzichtet (Der auch nur Saft für 12 Stunden). Besonders befremdlich finde ich, dass im Feld gelegentlich geraucht wird. Einige Kilometer schiebe ich mich also mit Marathon-Instinkt, mal neben der Strecke, mal mit leichtem Ellenbogen-Einsatz durch die Massen, und komme auch ganz gut vorran. Den ersten Versorgungsposten bei 7 Kilometer erreiche ich nach genau einer Stunde, also wie beim Marathon: erstmal etwas schneller als geplant. Die Wanderer haben jetzt einheitliches Tempo, nur gelegentiche Jogger stören noch die Harmonie. So geht es denn durch die Nacht, eine erste Runde von 15 km verläuft teilweise auf dem Damm entlang der Schelde. So geht es gegen Mitternacht noch einmal durch den Startort, dessen Bewohner vollständig auf den Beinen sind.
Die zweite Runde, die restlichen 85 Kilometer geht dann über Felder und Dörfer. Jetzt hat sich das Feld so weit auseinandergezogen, dass ich mich in meine Privatsphäre zurückziehen kann, und einfach vor mich hin maschiere, wie ich es auch beim Laufen am liebsten habe. Der Weg ist meist asphaltiert oder in den Dörfern gepflastert. Nur einige Stücke gehen über unbeleuchtete Feldwege, und nur selten hole ich meine kleine Stirnlampe heraus, um holprige Stellen besser zu sehen.
Am Ende der Nacht kommen die beiden Versorgungsposten, die direkt auf Brauerei-Geländen stehen: Bei km 40 gönne ich mir ein Duvels, dann bei der Palm Brauerei (km 50) verzichte ich aber auf den direkten Vergleich, weil ich auf den zwei Kilometern davor einen ziemlich toten Punkt durchgemacht habe. Da haben drei Becher Kaffee (höchstens lauwarm, aber stark) die bessere Gegenwirkung. Hier bei der Halbzeit sind bereits lockere 8 Stunden 'rum. So dämmert es mir, was ich mir hier eigentlich vorgenommen habe. Ich überlege ob das wirklich so eine gute Idee war mich hier anzumelden. Na, ja jetzt it's eh zu spät, der Aufgeber-Typ bin ja nicht. So begebe ich mich nach einem weiteren Schinkenbrötchen wieder auf die Strecke. Ob es am Kaffee liegt, oder an der aufkommenden Dämmerung (leider in meinem Rücken), jetzt fällt mir das weitergehen erst mal wieder leichter. Der tote Punkt ist überwunden. Nach dem Sonnenaufgang geht die Temperatur flott wieder hoch, unterwegs verschwindet die Jacke, die ich gegen 3:00 ausgepackt habe wieder im Rucksack, und beim nächsten Stopp kommen Sonnencreme, Sonnebrille und Cappy zum Einsatz, schon praktisch alles am Mann zu haben. Schnell steigt die Temperatur bis an die 30 Grad-Marke und darüber hinaus. Mein Schritt ist bei weitem nicht mehr so stramm wie noch zu Beginn. Dazu gönne ich mir an jeder Versorgung einge Minuten, um soviel Wasser wie möglich zu trinken und meine Füße ein wenig in sitzender Weise zu entlasten. Die Füße tun schon ordendlich weh, dazu blüht am linken, großen Zeh eine fette Blase. Meine Laufschuhe sind wohl besser als meine Wanderschuhe. Auf der Strecke gibt es so gut wie keinen Schatten. "Hey, ich trainiere hier für den UTMB, nicht für Badwater !" Den Vorsatz "ohne einen roten Kopf zu bekommen" habe ich längst verpasst, das hier ist harte Arbeit, und auch der Vorsatz den wohlgefüllten Camel-Bag ins Ziel zu tragen, schmilzt in der Sonne dahin. Vielen meiner Mitsteiter ergeht es nicht besser als mir. Es wird gehumpelt, es wird pausiert und es wird ausgestiegen. An jeder Versorgungsstelle gibt es zwei seperate Zeitnahme-Matten, eine auf der Strecke, die andere ist eine Sackgasse und endet an der Bushaltestelle. Mehrfach sehe ich an den Posten vollbesetzte Kleinbusse. Auf den letzten 25 Kilometern rücken die Versorgungsposten auf 5km-Abstände zusammen, gut wegen der Pausen, schlecht wegen der Versuchung. Bewusst muss ich negative Gedanken, "Was will ich eigentlich hier?", beiseite schieben, nur an den Mont Blanc denken. Und so nehme ich auch nachdem ich dem schönen aber zähen Scheldedamm den Rücken zukehre, den Weg der mich zum regulärem Zieleinlauf führt. Auf den bisherigen Strecke gab es bisher genau zwei km-Schilder bei 50 und bei 75 Kilometern. Auf dem Schlußabschnitt steht ein Schild mit dem unvermeidlichen Totenkopf und einer großen "5", womit ich erstmal nichts anfangen kann. Einige zeit später eine 4. "Aha, das sind wohl die Restkilometer". Tatsächlich folgen Schilder "3", dann die "2" und letztendlich das noch größere Schild mit der "1". Na, also, geht doch, runde 17 1/2 Stunden brutto, Netto-Zeit gibt's nicht auf der Sofort-Urkunde. Dafür eine Totenkopf-Anstecknadel, eine Ananas und eine Flasche Bier. Das ist aber die ganze Zielverpflegung. Wasser oder sonstige Verpflegung ist hier nicht mehr vorgesehen. Also muss ein scheinbar herrenloser Nordic-Walking-Stock als Flaschenöffner herhalten. Ein Schluck, könnte kälter sein, aber krätig, das Bier: Ein Blick auf das Ettikett bestätigt meine Geschmacksempfindung: Triple Bock mit 9% Alkohol - Diese Flasche macht mich tatsächlich doch noch zum Non-Finischer, ich lasse sie nach wenigen Schlucken stehen, und nuckele lieber die restlichen Tropfen aus meinem Camel-Bag. (U38)

Sonntag, 2. August 2009

Wann ist ein Lauf ein Lauf ?

Der Immenstadter Gebirgsmarathon war für mich eigentlich kein "Lauf" sondern eher ein "Geh"; Genau genommen sogar ein "Kletter, Kriech und Kraxel". Fünf und eine Viertel Stunde habe ich meine Kräfte mit der alpinen Strecke gemessen, bis ich mich ins Ziel durchgekämpft habe. Das sind rund 40 Minuten mehr als mein bisher langsamster Marathon. Ich will allerdings nicht verschweigen, dass sich die Eingeborenen zumeist geschickter als ich angestellt, und mich bei 126 Finischern auf Platz 42 verwiesen haben.
Belohnt wurde ich natürlich auch mit den sensationellen Aussichten auf die Allgäuer Bergwelt bei herrlichstem Sonnenschein bis hin zum Bodensee. Die erste Geh-Pause nach 500 Metern, extreme Steigungen und Gefälle, schroffe Bergpassagen sowie der Zieleinlauf direkt im Biergarten und die einzige Gartenschlauch-Dusche (selbstverständlich kalt und für beide Geschlechter) sind nur einige Besonderheiten an diesem Marathon, der vom Veranstalter als "der wohl eigenwilligste, anspruchsvollste und mit Sicherheit urigste Berglauf Deutschlands" bezeichnet wird. Dem ist nicht viel hinzuzufügen..

Dazu hat mich dieser Lauf mich noch einmal Demut vor der Berglauferei gelehrt. Also ist beim UTMB wirklich das Finish das einzige Ziel und, wenn erreicht ein Großer Erfolg. (M+U 86)