Dienstag, 16. Juli 2013

Finish für Anfänger

Mein Optimismus wieder einmal eingebremst, eine weitere Woche darf ich auf meinem Hinterteil sitzen bleiben. Ende der Woche noch mal zum Röntgen, dann vielleicht - hoffentlich grünes Licht für das weitere Training. Doch leider ist die Halswirbelsäule nicht gerade das Körperteil, mit dem man unnütze Experimente ausführen sollte. Doch nichts desto, rückt das Herbstprogramm näher, und daran will ich fest halten. Zum Auftakt gibt es den Berliner Mauerweglauf. Dafür habe ich noch einen Startplatz ergattert, als er schon längst ausverkauft war. Da kann ich nicht einfach meinen Startplatz nicht einfach verfallen lassen. Und neben der tollen Strecke hat der Lauf noch den Vorteil, dass es ein sehr großzügiges Zeitlimit gibt: 161 Kilometer in 30 Stunden. Ich bin schon einmal 100 Kilometer in 17,5 stunden gewandert, also geht es hier notfalls auch mit viel Wandern und wenig Laufen. Das wird später in Sparta deutlich anders aussehen, aber darüber mach ich mir lieber Gedanken, wenn's soweit ist.

Dienstag, 9. Juli 2013

Das wäre Ihr Iron-Man gewesen


Dumm gelaufen.
Ein paar Wochen vor dem Triathlon ein kapitaler Fahrradunfall.
Ich hatte Vorfahrt, aber was nützt es. Ein paar Halswirbel hinüber, nächstes Jahr ist auch noch ein Tag ...










Jetzt gilt es erst mal den Krankenschein durch zu stehen.Hoffentlich ist dies am kommenden Wochenende geschehen. Dann sind es noch 11 Wochen bis Sparta. Zwei Hundert-Meiler zur Vorbereitung. Runde 1.000 Trainingskilometer fehlen mir. Zum Glück muss ich ja nicht so furchtbar schnell rennen. In Berlin habe ich 30 Stunden Zeit für die 161 Kilometer, also notfalls darf ich auch mal einen Marathon wandern, auch wenn das natürlich nicht mein Ziel ist. Für unter 24 Stunden gibt's eine Extra-Plakette. Ohne die will ich nicht nach Hause kommen.

Sonntag, 5. August 2012

Wanderzirkus im Laufschritt

Nach drei Jahren stelle ich mich mal wieder einem Ultra-Etappenlauf, zweimal war es der Swiss Jura Marathon diesmal ist's der Baltic Run, ganz flach (so denke ich) von Berlin an die Nordsptitze von Usedom.
Fünf Etappen stehen auf dem Programm, bei 325 km Gesamtdistanz also täglich rund 65 Kilometer.
Die Namen in der Meldeliste sind wohlklingend. Rene sollte kaum bis gar nicht zu schlagen sein, Jan kann auf tolle Ergebnisse beim Spartathlon verweisen, Jobst auf selbige beim Trans Gaule, Stefan, Axel und Holger standen bei dieser Versanstaltung schon auf dem Treppchen. Also gilt es, mich nicht zu allzu flotter Gangart verleiten lassen, aber auch nichts zu verschenken, was ich später wieder mühsam hereinholen müsste. Nach dem Start am Berliner Dom geht es erst mal auf eine ganz lange Ausfallstraße. Heute sind wir nicht so kleinlich, was die roten Ampeln betrifft, in Japan hieß es "Rot ist Rot", heute heißt es "Frei ist Frei". Nach etwas hin und her finde ich mich in einer Dreier-Gruppemit Christian und Jobst wieder. Christian als waschechter Berliner weiß eine Menge über die Plätze an denen wir vorbeikommen, und ist in der Laune uns an seinem Wissen teilhaben zu lassen. An seiner ehemaligen Grundschule kommen wir aber erst am zweiten Tag vorbei. Das schöne an Berlin, an der Stadtgrenze  ist die Stadt auch gleich zu Ende. Noch durch Bernau hindurch, dann wird es schon deutlich ländlich. Wir treffen unterwegs etliche Radfahrer, die zu unserem Etappenziel, dem Werbelinsee, oder gar zu unserem Endziel Usedom unterwegs sind, fast schon mehr als Autos unseren Weg kreuzen. Ab Kilometer 40 betrete ich Neuland, an dieser Versorgung bin ich vor zwei Jahren ausgestiegen. Diesmal geht's mir an dieser Stelle prächtig und nachdem wir bereits Jobst abgehängt haben, hat nun auch Christian zunehmend Probleme das Teompo zu halten.Nach der letzten Versorgung biege ich allein in den Wald ein. Hier gibt es noch einmal einige Buckel zu überschreiten, und als ich auf den letzten Kilometern etwas nachlasse, kommt Jan um die Ecke zu zieht kocker an mir vorbei. Damit lande ich für heute auf Platz fünf. Das ist ein Ansatzpunkt, da kann man shauen, was draus wird. Die erste Nacht findet in einem Hotel statt, da gibt's gemütliche Betten, dafür ist die Küche mit dem heuschreckenartigen Auftritt der Ultraläufer etwas überfordert, und es dauert etwas länger bis alle Mäuler gestopft sind.
Am folgenden Tag bin ich wieder erstmal wieder mit Christian unterwegs, zu uns gesellt sich Marcell, der gestern zurückgehalten hat. Der schwäbelt wie in der "Wir können alles .." Werbung, und so bin ich etwas erstaunt, als er erklärt, "Ah, noi, isch bin ja gebürdisch von hier". Wie schon gestern hat sich Rene vom Start an verabschiedet. Stefan und Axel machen dagegen keine Anstalten sich deutlich abzusetzen. An der zweiten Versorgung kommen wir schon als Fünfergruppe an. Das passt Stefan nicht so sehr. er zieht an einer kleinen Steigung deutlich an, ich bemühe mich ihn nicht zu weit erfliehen zu lassen, und bin schon allein auf dem dritten Platz unterwegs. So kann ich mich diesmal etwas eher und intensiver mit mir selbst und meinem Tempogefühl beschäftigen. Ich finde es sehr angenehm, es mal einfach für mich rollen lassen zu können. In hinteren Teil der heutigen Etappe kommen zwei berüchtigte Bahnübergänge, die sich auch schon mal für längere Zeit geschlossen bleiben. Jan zieht wieder flott an mir vorbei, um sich direkt nach der ersten Schranke in die Büsche zu schlagen. Danach laufen wir ein kurzes Stück zusammen, er weiß zu berichten, das Axel sich heute einen größeren Rückstand einfängt. Dann läuft auch Marcell wieder zu uns auf, und beide machen sich für mich vom Acker. Wieder zeigt die Endabrechnung des Tages Platz 5 für mich. Bei der Grillerei direkt an der Sporthalle bleiben diemal keine Wünsche offen. Für den Tag 3 soll es nun richtig Sommer werden, 3 zusäzliche Waserposten werden von der Organisation  eingerichtet. Eine sehr gute Entscheidung wie sich auf der Etappe zeigen soll. Zum Loslaufen haben wir eine etwas andere Gruppe der üblichen Verdächtigen. An der ersten Versorgung sind mir Jan und Stefan etwas zu schnell fertig, dennoch mache ich mich hinterher, nach der zweiten Versorgung laufe ich gar ein Loch vo ca. 50 Metern zu. Dann lasse ich die anderen laufen, um mir selbst eine ordentliche Versorgungs- und Verschnaufpause zu gönnen, zumal ich auch schon meinen Bedarf für unterwegs nachfüllen muss, um die deutlich höheren Temperaturen durchzustehen. Schatten ist bei diesem Lauf  ohnehin eine Seltenheit. Den Höhepunkt stellt eine mehrere Kilometer lange Gerade entlang einer Kaserne samt angegliederten Bombodrom. (Ich befürchte schon ein aufziehendes Gewitter, aber es sind nur unsere Vaterlandsverteidiger.) Nach der Kasernenpassage verspricht Wasser-Extraposten Jaqueline, dass zwei  Kilometer später wieder Bäume kämen. Das tun sie aus, nur ihr Schatten fällt gerade nicht auf den Radweg, Schade eigentlich. Mit meinem dritten Platz 5 am dritten Tag brauch' ich meinen Namen nicht lange in der Gesamtliste suchen.
Am 4.Tage sorgt es für etwas Unmut, dass der Start der schnelleren Gruppe noch eine halbe Stunde nach hinten verlegt wird. Der Grund: heute geht es über die Zecheriner Brücke auf die Insel Usedom. Diese hat feste Brückenzeiten, und ist dazwischen für längere Zeit hochgeklappt. Also gibt's keine Diskussion "Watt mutt, dat mutt", sacht der Nord-Deutsche. Los laufen wie gehabt: mit Jan und Stefan bis zur zweiten Versorgung, danach die beiden noch eine Weile auf Sichtkontakt vor mir. Marcell läßt schon früh abreissen. Meistens kommt er nach einer Pinkelpause schnell wieder auf. Diesmal bleibt er aber hinten. Sehr hübsch geht es heute entlang der Rosenhäger Beek mit viel Schilf und  Wasservögeln. Doch leider ist auch bzw. gerade hier Schatten Fehlanzeige. Dazu kommt, dass wegen einer Sperrung der Bundesstraße ein VP nicht wie geplant aufgebaut werden kann. Bis ich komme ist ein Ersatzposten zur Stelle, nur die Schnelleren der Frühstarter gehen an einer Stelle leer aus, werden dann per Fahrradbote mit zusätzlichem Wasser versorgt. An den Regulären VPs nutze ich hauptsächlich die Schwämme, wenn ich wieder loslaufe, bin ich nass wie ein Pudel, das hält aber zumeißt kaum zwei Kilometer vor. Ein Stück nach der besagten Klappbrücke bekomme ich Gesellschaft von Jobst und da es nicht mehr weit bis zum nächsten VP ist treffen wir beide dort gemeinsam ein. Anschließend wollen wir gemeisam los, aber das ist erstmal gar nicht so einfach. Es dauert ein wenig, bis wir zu einem gemeinsamen Schritt finden. Dann beschließen wir aber gemeinsam bis ins Ziel zu laufen. Irgendwie wird mal der eine ein wenig schneller, dann der andere. Als  Ergebnis sind die letzten 5 Kilometer dieser Etappe die schnellsten des ganzen Laufes.
Vor der letzten Etappe stehe ich weiter auf Rang 5. Nach vorne wie nach hinten habe ich eine Viertel Stunde Luft. Allerdings habe ich auf Marcell, der vor mir steht, schon bei der letzten Etappe 15 Minuten abgenommen. Der hinter mir liegende Christian schlägt mit dem Tagesgast Sascha ein höhes Tempo an, entschschwindet schnell meinem Blick. Er müsste mir aber fast 3 Kilometer auf den 60 Tageskilometern abnehmen, dass halte ich für sehr unwahrscheinlich. Auf der Insel laufen wir quasi an der Küste entlang, jenseits des Dammes haben wir allerdings nur selten den Blick aufs Meer. Dabei ist es angenehm schattig und erstaunlich hügelig. Durch die Badeorte Ahlbeck, Heringsdorf und Ahlbeck läuft eine einzige Promenade. Bei dem warmen Wetter mitten in den Ferien ist diese mit Touristen zu Fuß und mit dem Rad übervölkert. Zu Dritt kommen wir besser durch. Michael und Jobst sind hier meine Begleiter. Am Ende der Promenade wird am VP auch Sekt gereicht, ich schau mal lieber unauffällig auf die Durchlaufliste. Nummer 55 (Christian) ist gerade 5 Mintuten vor uns hier angekommen. Damit kann ich mich schon ein wenig weiter entspannen, auch Jobst, der noch immer Druck macht, kann ich für die letzten 30 Kilometer ziehen lassen. Ich gönne mir dann sogar noch einen mittelschweren Verläufer, der mich 4-5 Minuten kostet. Das liegt aber tatsächlich an meiner nun nachlassenden Konzentration, die Wegmarkierung ist Wirklich gut, ich wüsste nicht, dass sich sonst irgendwer verlaufen hat. So nehme ich es mit Humor und schiebe es auf Angie, die mir mit ihren Sommerkleid die Sinne verwirrt hat. Trotz alledem hole ich Christian wieder ein, habe aber nun Bedenken, wie weit Jobst mich wohl abhängen kann. Die letzten 5 Kilometer laufen zum Großteil über einen sehr sandigen Weg. Zumeist gehts durch tiefen, lockeren Sand, manchmal findet man auch fest Stellen, die dem Schuh den benötigten Wiederstand leisten. Großes Willkommen dann endlich am Campingplatz in Karlshagen. Hier sind Zielbogen und Ecki's Tonanlage aufgebaut. Dazu gibt's das verdiente Zielbier. Über den Damm kann man sich endlich in die Ostsee stürzen, ich begüge mich jedoch damit mir die Beine zu kühlen. Als ich vom Strand zurückkehre, trifft gerade erst Marcel ein, schau an, er hat die 15 Minuten gegen mich verloren und rücke noch vor auf Platz 4. Für den Abend ist die Siegerehrung angesagt, zuvor gibt es noch eine geheimnisvoll angekündigten Privattermin, zu dem wir eingeladen sind. So nehmen wir noch an der Hochzeit von Rene und Angie teil, dann Herzlichen Glückwunsch. Nach ausgiebigem Büffet samt Hochzeitstorte zeigt das traut Paar jedoch wenig Ehrgeiz den Tanz zu eröffnen.

Montag, 9. Juli 2012

Morgens, Punkt 7 in Deutschland

Wer in Deutschland Dreikämpfen will, muss früh aufstehen. Und wer es in Frankfurt tun will, der muss sich früh anmelden. So steht der erste Termin für 2013 bereits jetzt fest: 7. Juli 2013, um 7 Uhr in der Früh werde ich in den Langener Waldsee steigen. Dann stehen 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und ein Marathönnchen auf dem Programm. Die langfristige Anmeldung hat den Vorteil, dass ich noch mal ausführlich Schwimmen üben kann, vielleicht klappt's ja doch noch mit dem Kraulen. Wenn nicht ... dann eben Brust. die 2:10 Limit für's Schwimmen werde ich schon einhalten. Beim Radeln wäre das Ziel die Hörner am Lenker nicht nur Spazieren zu fahren, sondern auch zu benutzen. Ich werde aber keine Materialschlacht bereiben, und mir ein besseres oder teureres Zeitfahrrad zulegen. Das Motto lautet ab sofort: "Es schwimmt und radelt der Eisenmann, der eigentlich nur rennen kann"

Samstag, 7. Juli 2012

Over the Top

Wenn man um einen Berg laufen will, übt man am Besten, indem man um einen Berg läuft. Vor dem Mont Blanc soll also diesmal die Zugspitze stehen. 100 Kilometer und 5.500 Höhenmeter, so die Rohdaten des Zugspitz-Ultratrails, der bei seiner Premiere im vergangenen Jahr so viel Lob eingeheimst hat.
Der Start ist in der Gemeinde Grainau, noch etwas dichter an Deutschlands Dach gelegen als Garmisch-Partenkirchen. Zunächts leitet uns eine trommelnde Trachtengruppe durch das Dorf, dann bremst uns noch ein Mopped ein. Als wir auf den ersten Trail kommen ist es eine Herde Kühe, die unseren Vorwärtsdrang einbremst. Aber schon bald ziehen sich die rund 400 Ultra-Läufer als buntes Band durch die morgentliche Bergwelt. Runde 4 Kilometer sind uns zum Einlaufen gegönnt, dann nehme ich die Stöcke in  die Hand. Bis zur ersten Versorgung am Eibsee passiert aber noch nichts bewegendes im Streckenverlauf. Direkt dahinter geht's in den ersten Anstieg mit mehr als 500 Höhenmetern am Stück, bis zur Grenze hinüber auf die Öserreichische Seite. Alles af schönen Waldwegen, Trails, wie es so schön auf Neudeutsch heißt. Die dritte der Versorgungs stellen liegt bereits im zweiten großen Anstieg, mit dem wir die Baumgrenze und auch die 2.000-Meter Grenze überschreiten. Hier wird es richtig schön alpin, die Wege steinig, bei der Wegfindung wird nicht unbedingt auf jeden Bachlauf rücksicht genommen, nasse Füße sind hier inclusive. Auf kurzem Abstand sind drei Zacken zu überschreiten. dazwischen kleinere Täler. Der Sommer war bisher noch nicht so fürchterlich heiss. Etliche Schneefelderhaben sich bis in den Juni gehalten. Das erste hat gleich ein ordentliches Quergefälle. Mit großer Vorsicht folge ich der eingetretenen Spur, stets bedacht, nicht seitlich abzurutschen, denn da geht's nicht nur ein bisschen runter. Auf dem Hinterteil gelandet, wieder aufgerappelt. "Das ganze Gewicht auf die Stöcke, dann geht's besser", höre ich da etwa Ungeduld hinter mir? Der Tipp ist aber gut, ich erreiche glücklich wieder festen Boden. Auch bei einem weiteren Schneefeld, dass recht abschüssig ist, komme ich mit meinen neuen Fähigkeiten vorsichtig aber aufrecht durch, wo andere gleich auf die Hosenboden-Variante umsteigen, und bis unten rutschen. Weniger Glück habe ich an einer Stelle, an der wohl in den vergangenen Tagen eine Schlamm-Lawine lang gekommen ist, zwar ist der Laufweg soweit vom Schlamm befreit, dass ich nicht bis über den Knöchel darin versinke, aber das Zeug ist glatt wie Schmierseife. Ich erlebe den Klassiker: Mit höchster Konzentration und all meinem Geschick halte ich mich aufrecht, als es den Läufer vor mir hinhaut bin ich genug abgelenkt, dass ich mich selber danebenlege. Tut nicht besonders weh, aber saut mich herrlich ein. Bis auf einer der Bergspitzen, die Nebel liegt haben wir die ganze Zeit prima Sicht in die tolle Bergwelt. Ingesamt ist der Wettergott mal wieder mit uns im Bunde, nach heftigen Regenfällen in den Vortagen, haben wir das schöne Wochenende, am Montag geht die Sauerei schon wieder von vorn los. Zur nächsten Versorgung mal eben 500 Höhenmeter runter, und dann gleich wieder hinauf. Jetzt aber nur noch über einen Pass, und noch einmal 1.000 runter, irgendwoher müssen die erwähnten 5.500 Meter Gesamtsteigung schließlich herkommen. Als wir an der Drop-bag Station bei km 55 ankommen, bin ich jedenfalls ganz schön fertig, Dreck bis zum Hinterteil, kleinere Schrammen am Bein und Ellenbogen, Füße sind schon wieder halbwegs trocken, also alles was ein Trailläufer so zum Leben braucht. Jetzt geht es erstmal rech flach weiter, sogar ein Stück Straße wird in den Streckenverlauf eingebaut. Locker einrollen, dann beschleunigen. Mehrere Versorgungsposten werden in lockerer Folge abgearbeitet. Als ich in einem Waldabschnitt eine Dreigruppe mit einem lockerem Spruch überholt, bekomme ich Gesellschaft von Swen. Gemeinsam oder dicht beieinander machen wir noch ein paar flotte Kilometer. Bei dem treppenreichen  Abstieg zur Partnach macht er sich aber locker davon. Von dieser Versorgung sind es noch 22 Kilometer bis zum Ziel. Diese füheren allerdings überdie Bergstation der Alpspitzbahn. Also noch einmal 1200 Meter hoch und noch ein paar mehr wieder runter. Hinter der Brücke über die Klamm geniessen wir noch einmal das Wettersteinmassiv in der Abendsonne. Ein Stück auf einem breiten Weg kann noch bequem gewandert werden. Dort wo es wieder in den Wald geht, ist allgemeines Lampenaufsetzen angesagt. Als Teil einer harmonischen Dreiergruppe maschieren wir von Serpentine für Serpentine den Weg hinauf. Als wir endlich wieder eine breite Fahrstraße erreichen sind wir auch schon fast an der nächsten Versorgung. Hier kommen wir zweimal durch. Einige haben schon die Extrarunde zur Bergstation hinter sich, die mir noch bevor steht. Hinauf geht's weiter auf dem breiten Fahrweg. Hinab wieder herrlich trailig. Als ich bergab jemanden vorbeilassen will passiert etwas völlig Unerwartetes. Dieser Jemand will tatsächlich gar nicht an mir vorbei, sondern ist dankbar, dass es sich an mich dranhängen kann. Sowas gibt's also auch. Von der letzten Versorgung mal wieder durch den Wald, steil bergab, dicke Steine, vereinzelte Treppen, glitschiger Lehm, bloß nicht in der Konzentration nachlassen. Dann aber: Von Grainau-Hammersbach bis zum Kurpark noch die letzten 2,5 km auf flachem Asphalt. Ich gehe ein paar Meter, um mich für den Einlauf ins Dorf und ins Festzelt zu sammeln, da ruft es hinter mir "Aber jetzt doch nicht mehr.." Sieh, an, Swen ist wieder da. Gemeinsam überqueren wir die Ziellinie, dann stossen wir noch mit einem Almdudler an.

Donnerstag, 26. April 2012

Gerald B. ist auf der Reise und hat Rückenwind

Japan ist echt eine Reise wert, vor allem wenn man die Gelegenheit hat diese mit verschiedenen Ultraläufern zu unternehmen. Die Woche vor dem Lauf quer durch Japan verbringen Markus, Hubert, Klaus, Ulli und ich in einer Herberge im Japanischen Hinterland und wir lassen es uns gut gehen. Auch mit den anderen Oversea-Startern können wir uns anfreunden. Unser Gastgeber Herr Ogo sorgt sich liebevoll um unser Wohlergehen, und beantwortet geduldig alle Fragen, die wir zum Themenkreis Japan und Sakura Michi haben.
Aber auch die schönste Vorbereitungszeit hat einmal ein Ende, nun stehen wir in der Parkanlage am Schloss Nagoya. Wir möchten noch gern ein Gruppenfoto mit dem Schloss im Hintergrund machen. Doch die zahlreichen Helfer sind unerbittlich, jetzt geht es in die Startaufstellung, keine Extra-Touren mehr. Im Hof stehen jetzt 6 Reihen von je 20 Läufern. Drei der Deutschen Teilnehmer gehen mit der ersten Gruppe um Punkt 6 Uhr auf die Reise, 9 Minuten später beginnt das Abenteuer Sakura Michi für Hubert und mich, die beiden Australier Paul und Scott und den Rest der Startgruppe 4. Das Schloss befindet sich halbwegs mittig in der 2-Millionen-Metropole, erstmal geht entlang sehr großer Straßen, teilweise werden Querstraßen auf Fußgängerbrücken überquert. Aber natürlich sind auch zahlreiche Ampeln zu beachten, und unsere Japanischen Freunde nehmen das beachten wörtlich. Ob ein Auto kommt oder nicht, eine rote Ampel ist eine rote Ampel. So erreiche ich auch schon bald einen großen Teil der vor uns gestarteten Gruppe, und stelle mich dazu, um auf Grün zu warten. Durch die Startgruppen im 3-Minuten-Takt ist erstmal einiges los im Feld. Einzelne Läufer preschen recht zügig vor, insgesamt gehöre ich mit meiner Pace von 5:20 bis 5:30 Min/km zu den schnelleren. Durch die Ampelpausen liegt der Gesamtschnitt noch ein Stück unter dem eigentlichen Lauftempo.
Schnell wird es wärmer. Bei der ersten Gelegenheit lege ich mein erstes Shirt ab. Ich bin jetzt nur noch im Trägerhemd und kurzen Tights unterwegs, dass viele andere immer noch mehr herumschleppen als ich am Start, ficht mich dabei nicht an. So langsam frage ich mich aber, warum die Veranstaltung Nature Run heißt. Bis Kilometer 40 laufen wir komplett durch die städtische Region, und auch lange Zeit danach sind die naturbelassenen Abschnitte deutlich in der Unterzahl. Der Tatsache, dass dieser Lauf fast 90 Kilometer länger ist, als ich bisher am Stück gelaufen bin, trage ich hauptsächlich dadurch Rechnung, dass ich stets darauf achte, an jeder Versorgung eine ordentliche Pause einzulegen, viel zu trinken (es bleibt warm und wird auch drückend schwül) und auch etwas feste Nahrung aufzunehmen. Die Versorgungposten sind reichlich ausgestattet, allerdings will ich meinem Magen keine Spezialitäten wie Miso-Nudelsuppe oder Sushi  zumuten. So bleibt mir die gewohnte Ultra-Nahrung aus Schokolade, Banane und Keksen zur Auswahl. Einzige Ergänzung sind gelegentliche Reisbällchen mit Seetang. Durch meine Pausen-Strategie überholen mich an den Versorgungen etliche Japaner, was mich aber zum einen nicht stört, zum anderen auch rasch wieder von mir korrigiert wird. "Long legs need long breaks" sage ich zu einem 1,65m-Läufer als ich ihn ca. zum siebenten Mal überhole. Erst als mal eine längere Strecke ohne Pause zu überbrücken ist, hänge ich ihn endgültig ab.
Nach 10,5 Stunden trudele ich am ersten großen Checkpoint bei Kilometer 107 ein. Runder 6er-Schnitt, das war so geplant, alles wie es sein soll. Ich wage mal einen Blick auf die große Liste, die in jeder Läufer eingetragen wird. Meine Startnummer steht in der Zeile 22. Da ich mir in der Beziehung nichts vorgenommen habe, nehme ich es einfach zur Kenntnis, und will mehr die Entwicklung im Auge behalten.  Die letzten rund 80 Kilometer bin ich mit dem Trägerhemd gelaufen, das merke ich ein wenig in meinen Achselhöhlen. Das würd ich gerne bearbeiten, bevor ich das lange Hemd überziehe."I would need some grease for my armpits" Fragende Gesichter. Was heißt Melkfett auf Japanisch? Ich mache die Bewegung, als würde ich mich einreiben. Von irgendwoher kommt ein "Vaseline?" - "Haj, Vaseline !" Wenige Minuten später steht das gewünschte Heilmittel vor mir, und ich gehe mit einem guten Gefühl wieder auf die Strecke. Mit den langen Klamotten finde ich es erst mal ganz schön warm. So muss ich zwischenzeitlich etwas drosseln, um nicht zu warm zu werden. Schon bald kommt aber die Dämmerung auf. Meine Jacke samt Lampe, Mütze und Handschuhen liegen bei Kilometer 124 genau richtig. Schon bald wird es dunkel und zugleich deutlich kühler. Die extrem kalte Temperatur wie im Vorjahr wird allerdings nicht erreicht. Können erfahrene Läufer von deutlichen Minusgraden berichten, hatte ich an der Wasserscheide auf rund 900 Meter Meereshöhe immer noch 9 - 10 °C. Um 2 Uhr in der Frühe lasse ich die Jacke schon wieder zurück, weil sich schon wieder die Wärme staut. Nach der Wasserscheide schau ich noch einmal auf die Liste. Ich bin bereits auf Platz 14 vorgerückt, und ich bin schon direkt hinter dem Franzosen Stephane, dem bisher besten Ausländer. So langsam fällt mir doch ein, dass ein Platz in den Top 10 doch ganz nett wäre. Bergab läuft es wirklich prima, ich verbiege mich nicht besonders, bin aber trotzdem deutlich schneller als die direkte Konkurrenz unterwegs, Nicht allzu weit und der Top 10 Platz ist schon Realität. Ich schaue schon nicht mehr selber auf die Liste. Ich nehme Sichtkontakt zum Listenführer auf, und halte mit fragendem Gesichtsausdruck sieben Finger in die Luft. Der schüttelt den Kopf und zeigt mir sechs Finger. Na, mir solls recht sein. Dass ich bei Kilometer 165 Neuland bezüglich der Streckenlänge betrete, nehme ich zwar wahr, berührt mich aber nicht sonderlich. Schon seit langem konzentriere ich mich ausschließlich auf die Distanz zur nächsten Versorgung, alles andere wird ausgeblendet. Auf der Strecke kommen nun immer mehr Tunnel und Galerien, dazwischen meistens eher kurz die typische japanische Berglandschaft. Das ist zum einen recht ermüdend, zum anderern geht damit die Qualität der GPS-Anzeige deutlich zurück. Meistens weiß ich nicht genau, wann genau die nächste Versorgung auftaucht. Ein ordentlicher Wind kommt auf, freundlicherweise genau in der Hauptlaufrichtung. Meistens kann er als Schiebewind genutzt werden, nur selten bläst er mir mal entgegen.Bei Kilometer 198 komme ich zur Versorgung. Die Dame, die mich bedient fragt ob ich besonders müde sei. "No, not so tired, I am just really ... ähh ... just ... " Während ich noch überlege was ich eigentlich bin, überlegt sich die soeben verzehrte Banane in welche Richtung sie sich bewegen will. Sie will nach oben. Ein paar Schritte aus dem Schuppen, und die letzte Nahrungsaufnahme wird rückgängig gemacht. Als ich zurück in den Schuppen komme hat die Dame bereits ein kleines Tütchen parat. "Medicine for the stomach" - " Domo arrigato, and sorry for the mess" Noch ein Becher Wasser zum runterspülen. Als ich gerade ein Stück weiter bin, fällt mir das gesuchte Wort ein: "I am just exhausted" was sonst. Kleiner Trost wegen der vorlorenen Kalorienaufnahme, das folgende stück hatte ich ohnehin als Marsch eingeplant. Runde 250 Höhenmeter zu Abwechslug mal wieder in der (+)-Variante. Die oben Wartenden sehen schon meine Lampe auftauchen, leuchten mir entgegen, und bei der Akkustik sind die Anfeuerungen weit zu hören. Trotz all dieser Unterstützung dauert es lange, gefühlt noch länger bis das Ende des Anstieges erreiche. Oben angekommen, muss ich mich kalorientechnisch auf die nächsten 8 1/2 Kilometer vorbereiten. Also erstmal Cola, wenn die nicht geht ist alles verloren. Ein paar Stücke Schokolade sollten auch noch drin bleiben, noch ein paar Stückchen für den Weg, dann geht es in den letzten und längsten Tunnel des Laufes. Der ist über 3 Kilometer lang. Boach, das zieht sich. Ein bischen Gehen dann wieder Laufen, bald geht's ja wieder bergab. Als ich den Tunnel verlasse, stelle ich begeistert fest dass es schon fast wieder hell, und damit die Nacht überstanden ist. Ich verdrücke meine mitgebrachte Schokolade und lasse es wieder anrollen. Ein Grummeln in der Magengegend mahnt, es nicht gleich wieder zu übertreiben.Insgeheim warte ich schon darauf, dass so langsam jemand von hinten aufschliessen könnte, aber ich bewege mich ja nach wie vor laufend vorwärts, und die Vorstellung, dass andere noch wie am Anfang laufen können, ist doch eher abwegig. Um 6 Uhr 9 rechne ich mir mein persönliche Leistung aus: zwischen 221 und 222 Kilometer stehen für meinen 24 Stundenlauf, zwar ohne offizielle Wertung aber dafür auch ohne Im-Kreis-Rum-Rennerei. Jetzt bin ich auch schon bei den letzten beiden Zacken im Wege Profil. Ich schlurfe gerade die letzte etwas  steilere Steigung des Rennens hoch, da kommt der Kameramann und filmt mich beim nicht vorwärts kommen. Ich entscheide mich gegen den Stinkefinger, und beschimpfe ihm lieber ein bisschen auf deutsch. Dann ist aber auch endlich die letzten Hürde überwunden. Die Meter die es zuletzt hoch ging, geht es nun wieder runter, Nachdem ich bald 60 Kilometer keinen Konkurrenten mehr gesehen habe taucht plötzlich doch noch einer vor mir auf und möchte wohl gern von mir überholt werden. Dem bin ich gern zu Diensten, und laufe damit noch auf  Platz 5 vor. Zuletzt geht es noch eine ganze Weile flach durch die Stadt Kanazawa, immerhin mit 450.000 Einwohner nicht ganz klein. Eine Menge Schilder, etliche rosa, aber keins davon eine Richtungsanweisung für mich. Zweimal frage ich nach Sakura Park. Beim ersten Mal bin ich richtig und muss weiter gerade aus. Beim zweiten mal zeigt der Herr nur kurz auf eine Mauer, hinter der zahlreiche rosa blühende Bäume stehen. Da will ich hin. Der Zieleinlauf ist für die lange Strecke recht nüchtern. Viele Leute sind im Park zum Hanami, der Typ, der da angewetzt kommt, interessiert niemanden. Drei Helfer sind zum Applaudieren abgestellt, das wars. Dafür werde ich gleich in einen Kleinbus verfrachtet. 10 Mituten später gehts im Hotel unter die Dusche, und das Whirlpool blubbert auch schon einladend.

Montag, 23. April 2012

Nummer 202 lebt

Mein Ausflug zum Kirschbluetenlauf nach Japan war ein voller Erfolg. Ein Lauf mit Glueck und Pech, mit Hoehen und Tiefen wie es sich fuer einen solch langen Lauf gehoert. Insgesamt haben aber Glueck und Hoehen ueberwogen. Mein angestrebtes Ziel "Unter 30 Stunden waere schoen" habe ich ueberhaupt nicht weiter verfolgt. Am Ende habe ich mich selbst mal wieder am meisten ueberrascht: 27 Stunden und 3 Minuten habe ich fuer die 250 Kilometer benoetigt. Und wie schon fast ueblich habe ich mich schoen durchs Feld gekaempft: Bei 107 km lag ich bei Platz 22, zwischen 140 und 165 habe ich mich schon in die Top 10 vorgekaempft, um 12km vor Schluss noch mal einen Rang gut zu machen. Damit habe mein Uber-200-Debut as 5st-platzierter und bester Auslaender beendet. Den kompletten Bericht gibt`s wenn ich wieder daheim bin.
Ob der 250 Kilometer meine neue Lieblings-Disziplin werden, muss ich mir noch mal ueberlegen, wie ueblich muss ein solcher Lauf erst mal ein bisschen sacken, aber ich bin hier grad mal wieder mit 3 Spartathlen unterwegs, also was liegt naeher als Griechenland ...